Ein paar Minuten wartete ich noch am Auto - neben mir der leblose Körper - als dann endlich die junge Blondine aus dem Wald zurückkam. Früher hätte ich mich gefreut sie zu sehen, wieder mit ihr reden zu können. Früher wäre ich hierher gefahren um mich zu entschuldigen, dass ich eine so schlechte Freundin gewesen bin, doch das bedeutete mir nun einfach nichts mehr. Nichts hat noch Bedeutung für mich, gar nichts. Ein Leben ohne Gefühle ist einfacher und besser und die einzige Frage, die ich mir stelle ist, wieso ich es nicht schon früher getan habe.

Caroline's entsetzter Blick und ihre Reaktion auf meinen kleinen Imbiss, lassen mich grinsen. Es war schön zu sehen, dass es ihr etwas ausmachte, dass sie wütend darüber war. Sie dulde dies an ihrem Haus nicht. Wirklich interessant.
Nachdem sie mich wieder losließ, zuckte ich mit den Schultern und legte den Kopf schief: "Zuerst einmal: Hallo Caroline. Schön, dass es dir gut ge- nein... Moment... eigentlich ist es mir egal wie es dir geht.", ich lachte etwas auf und ging im Kreis um meine ehemals 'beste Freundin' herum, "Nun um deine Fragen zu beantworten. Du möchtest wissen, was in mich gefahren ist? Ich LEBE endlich wie ein VAMPIR. Nicht wie ihr... Vegetarier. Wie konnte ich nur all die Zeit darauf verzichten Menschen zu jagen? Zu beißen? Sie zu töten.".
Töten betonte ich mit einem Grinsen um Care zu provozieren und ihr zu zeigen, was denn mit mir los ist.
Als ich ihre Worte bezüglich Damon und seinem Ripper Dasein vernahm zog ich eine Augenbraue hoch: "Du denkst wirklich ich tue das wegen Damon? Du bist wirklich so dumm, wie du blond bist... Nicht, Care?! Nein... ich erkläre dir oder besser gesagt ich versuche es dir zu erklären wieso ich nun so bin, wie ein echter Vampir sein sollte.".
Ich schwieg einen Moment und verschränkte die Arme: "Nun ja... als ich noch diese grauenvollen Gefühle hatte... ist mir bewusst geworden, dass ich niemanden mehr habe. Niemanden. Bonnie war nicht da, ach... Stichwort Bonnie, sie ist wieder da, falls es dich interessiert. Aber das tut es wohl eher nicht, nein... du bist hierher gekommen um allen Konflikten und deiner Vergangenheit aus dem Weg zu gehen... Dann... Damon war nicht da... Stefan auch nicht, nein, er liebt ja dich und... Klaus, nun ja, er hat mir meine letzten Freundschaften auch zerstört...". Ich legte meinen Hand ans Kinn und sah Care gespielt übelegend an. Anschließend weitete ich meine Augen und zeigte auf sie: "Da war ja noch jemand, der nicht für mich da war... Du.".
Wieder legte sich ein Grinsen auf meine Lippen, welches immer breiter wurde: "Aber ich danke dir Caroline... denn jetzt fühle ich mich brilliant. Danke.".

Caroline's Worte waren hart, aber dennoch entsprachen sie der Wahrheit. Mit allem, was sie sagte, hatte sie recht. Früher hätte es mich getroffen. Es hätte mich verletzt, dass meine beste Freundin so redet, doch im Moment nahm ich diese Worte wahr, jedoch hatten sie keine Bedeutung mehr für mich. Sie ließen mich kalt.
Es war mir egal, wie Caroline über mich dachte und ob ich für sie gestorben war, nein, das was mir nicht gefiel war, dass sie mit meinem jetzigen Ich zurecht kam. Dass es sie nicht zu stören schien und deswegen war ich nun wirklich nicht hierher gekommen. Nein, ich wollte, dass sie leidet, damit auch Klaus leidet. Denn Caroline hat Klaus immer viel bedeutet und es hätte ihm sicher nicht gefallen, wenn ich so mit ihr gesprochen habe. Doch scheinen meine Worte und mein Auftreten Care nicht zu verletzen.

Es war schwach und jämmerlich von mir, meine Gefühle abzuschalten, auch wenn mir das vielleicht nie wieder bewusst werden wird. Wer könnte schon zu mir hindurchdringen? Damon? Vielleicht. Doch meine Freunde? Mein Bruder? Werde ich jemals wieder diejenige sein, die ich vor dem Abschalten meiner Gefühle war?
Es schien einfacher zu sein, keine Gefühle mehr zu haben und so war es auch. Nichts war mir mehr wichtig, niemand war mir wichtig. Ich musste um niemanden trauern und musste auch nicht darauf achten, Freundschaften aufrecht zu erhalten.
Früher hätte ich alles getan um nicht so zu werden wie meine Doppelgängerin Katherine. Doch nun war mir sogar das egal und als Caroline genau dieses Thema anschnitt, lachte ich nur auf. Sie hätte mich damit verletzen können - doch war dem nicht mehr so. Man konnte mich nicht mehr so einfach verletzen. Ich war meine Gefühle los und fühlte mich stark. Stärker. Unbesiegbar.

"Stimmt, du hattest recht Caroline... ich war bemittleidenswert... ich war ein Miststück und ja, es gefiel mir, dass beide Salvatores um mich herumtänzeln. Und Freundschaft...", ich legte erneut den Kopf schief, "Freundschaft wird überbewertet, denn seien wir doch mal ehrlich, Freunde verletzen einander doch immer - fast immer zumindest."

Weiter vernehme ich Care's Worte, die mich jedoch nicht besonders interessieren. Gelangweilt sehe ich auf meine Hände und betrachte diese. Anschließend, nachdem die Blondine mit ihrer Predigt fertig war, wandert mein Blick zu ihr und ein leises seufzen war zu hören: "Endlich fertig, also?!". Kurz streckte ich mich und lehnte mich an der Außenwand des Hauses an: "Deine Worte waren wirklich hart und...", mein Blick wurde traurig und ich biss mir auf die Unterlippe, "du hattest Recht Care... ich... Gott ich will nicht so sein... Hilf mir bitte...". Anschließend beginne ich laut loszulachen: "Entschuldige... ich kann einfach nicht ernst bleiben... Nein, ich bin dir dankbar für deine Worte. Wirklich... Auch wenn sie mir völlig egal sind. Denkst du etwa sie treffen mich?".
Eine Augenbraue zog ich hoch und überlegte kurz, als ich einen Ast am Boden bemerkte. Schnell hob ich diesen auf und rammte ihn Caroline in den Bauch: "Nicht dass es mich kratzt, was du über mich gesagt hast... aber du musst gerade den Moralapostel spielen nicht? Mit wem hast du gleich nochmal gespielt? Mit Matty... Tyler... Klaus... hab ich wen vergessen? Na gut... mit Stefan spielst du jetzt im Moment... aber seien wir ehrlich, Care... denn Freunde - auch wenn wir keine mehr sind - sollten immer ehrlich sein, nicht?", ein überhebliches Lächeln zierte nun mein Gesicht und ich wollte mit meinen folgenden Worten Caroline einfach nur verletzen: "Dir bleibt auch niemand. Niemand, Caroline... Du bist genauso alleine wie ich es war... Deine Schwester... Shanny hieß sie nicht? Sie schert sich nicht darum eine Schwester wie dich zu haben... denn wenn du tief in dich hineingehst und ehrlich dir gegenüber bist, weißt du, dass sogar unsere kleine drogenabhängige Vicky - Ruhe sie in Frieden - eine bessere Schwester als du war, nicht? Wer sollte dich wollen Care? Wer? Sag es mir? Stefan? Bestimmt nicht... ich geb euch höchstens 2 Monate... Tyler? Er wird immer gehen, wenn ihm danach ist... und Klaus? Ja, Klaus... Klaus ist so ein Typ für sich... Auch er wird dich fallen lassen, weil dich niemand wirklich gern haben kann. Wer sollte jemanden wie dich schon lieben können?".

Ob meine Worte Caroline verletzen wusste ich nicht, doch wenn ich wieder ich selbst wäre, würde ich jedes meiner Worte bereuen und niemals könnte ich das wieder gut machen, was im Moment passiert. Wie auch? Meine Worte sind nicht zu entschuldigen und auch meine Entscheidung, die Gefühle abzustellen nicht. Es ist schwach und dumm. Und bestätigt die Worte der Blondine nur wieder einmal, denn diese Entscheidung beruht rein auf Selbstmitleid und Egoismus.

Herzlos war ich wirklich geworden und sollte ich jemals wieder meine Gefühle zulassen, werde ich nicht damit klar kommen, dass ich so kalt war. Nun war ich wirklich ein Monster geworden. Ein kaltes Biest. Eine zweite Katherine.
Caroline's Worte vernahm ich zwar, doch hatten sie keine Bedeutung und als sie meinte, dass ich nicht ich selbst bin, lachte ich kurz auf: "Ach wirklich, Blondie? JETZT bin ich erst ich selbst. Tut mir Leid, wenn du das nicht ertragen kannst und es ist immer noch besser niemanden auf meiner Seite zu haben als so eine miserable Freundin wie dich zu haben, Caroline.".
Jedes Wort werde ich eines Tages bereuen, doch war es mir in diesem Moment völlig gleich was Caroline dachte und ob ich sie verletzte. Gleich war es mir nicht, denn ich wollte sie ja verletzen.
Doch dann scheint Caroline eine Schwachstelle angesprochen zu haben, die eine erste Reaktion zeigte: Wut. Als sie über Stefan und Damon sprach, stieg die Wut in mir.
Mein Gesichtsausdruck wurde noch finsterer und so packte ich Care an der Schulter und drückte sie gegen das Ferienhaus ihrer Familie: "Halt deinen Mund, du hast doch von NICHTS eine Ahnung...".
Die Worte über die Salvatores schienen mich erreicht zu haben. Nach kurzer Zeit ließ ich die junge Blondine los und ging ein paar Schritte zurück, wobei ich den Kopf schüttelte. Als sie mich dann fragte, was ich hier wollte und anschließend meinte, dass ich das nicht bin. Das ich nicht so sprechen würde, zuckte ich mit den Schultern und sah zu ihr auf: "Wie kannst du dir so sicher sein, dass ich nicht nur zu höflich war diese Sachen auszusprechen, hmm?".

Caroline hatte meine Schwachstelle gefunden und endlich zeigten sich ein paar Anzeichen von Gefühlen bei mir - auch wenn es nur Wut war. Doch war Wut immer noch besser als Gleichgültigkeit.

Die junge Blondine wusste genau, wie sie zu mir hindurchdringen konnte, wie sie mich erreichen konnte. Ich vernahm ihre Worte und jedes Wort schmerzte, denn sie hatte mit allem Recht was sie sagte. Sie hatte Recht, dass Damon und auch Stefan meine menschliche Art schätzten. Doch als sie dann Jeremy und meine Eltern erwähnte traf sie direkt ins Schwarze.
Was würde meine Familie von mir denken, wenn sie mich so sehen würden? Sie wären entsetzt darüber. Entsetzt, dass ich den einfacheren Weg wählte und nun ein herloses Biest bin.

Je mehr Caroline davon sprach, umso mehr schien sie zu mir durchzudringen. Weshalb ich mit einem leeren Blick einige Schritte von ihr zurück ging. Ich wollte ihre Worte vergessen und versuchte an etwas anderes zu denken. Versuchte das alles abzuschütteln als würde es mich nicht treffen und so entschied ich mich lieber zu gehen, bevor sie noch vollkommen zu mir durchdringt.
Ich wusste nicht, was ich noch hätte sagen sollen und so schüttelte ich nur den Kopf und meinte: "Das wirst du noch alles bereuen, Caroline.".

Anschließend stieg ich in mein Auto und fuhr zurück nach Mystic Falls.